Posts Tagged ‘Filmkritik’

Himmlisch: Up In The Air

1. Mai 2010

Kino gewesen. Und einmal mehr bestätigt worden in einer uralten Weisheit: Wenn Du ohne grosse Erwartungen in einen Film gehst und der Film gefällt Dir gut, dann ist die Freude doppelt so gross. Ist irgendwie anders, als wenn Du in einen von allen hochgepriesenen Film gehst. Da konnte mich auch die akute Clooney-Overdose aufgrund der omnipräsenten Nespresso-What-Else-Werbung nicht von abhalten.

Up In The Air handelt von einem Geschäftsmann, der rund um den Globus fliegt und zur Aufgabe hat, bei Firmen Leute zu entlassen. Gezwungenermassen sind die Gefühle von Ryan Bingham (George Clooney) bereits brutal abgestumpft. Bei der Überbringung der Hiobsbotschaften bedient er sich zuweilen mit sarkastischen Floskeln, was Clooney hervorragend rüberbringt.

Bingham ist ständig unterwegs, sein zu Hause ist die Reise. Er braucht kein soziales Umfeld, er geniesst die Freiheit, keinerlei Zwänge zu haben. In seinen gelegentlichen Vorträgen, die er nebenbei hält, brilliert er mit einer genialen Analogie, die ich hier wiedergeben möchte, wenn auch nicht in den gleichen Worten:

Packen wir unseren Rucksack, packen wir alles ein, was wir haben. Die Bücher, die Möbel, die Alltagsgegenstände. Aber auch das Auto, das Haus und so weiter. Alles was Sie besitzen. Merken Sie, wie er schwerer wird, der Rucksack? Spüren Sie, wie viel Ballast Sie haben?

Und jetzt tun wir das gleiche mit den Menschen, die uns umgeben. Unsere Bekannten, unsere Freunde, unsere guten Freunde ( … ) Merken Sie, wie der Ruckack schwerer wird? ( … ) Das ist alles Ballast …

So schön. Und gespielt von Clooney, einfach herrlich. Der hat so ein schelmisches Lächeln, den Schalk im Gesicht.

Das ist nur die Ausgangslage des Films, und mehr möchte ich hier gar nicht verraten. Dieser Streifen ist ganz einfach empfehlenswert. Er ist zwar nicht sonderlich tiefschürfend, hat dennoch eine für Hollywood unübliche Message, die doch sehr zum Nachdenken anregt. Eine Geschichte über Gefühle, Einsamkeit, Traurigkeit und Liebe.

Ach ja, noch etwas: Gehen Sie nicht in diesen Film, wenn Sie gerade in schlechter Stimmung sind. Er wird die Stimmung nicht gerade anheben.

Up In The Air ist alles andere als kalter Kaffee. Ich gebe Note 5. What else?

Werbung

Der Alptraum hat einen Namen: Date Night

17. April 2010

Wir kennen das: Man geht in ein Multiplex-Kino, stellt sich vor den Bildschirm an der Kasse und guckt so etwas von spontan, welchen Film man sich ansehen möchte. Ohne grosses Vorwissen, so typisch unschweizerisch unvorbereitet, cineastisch laienhaft. Das kann gut gehen. Oder. Auch. Nicht. Sie sollten Date Night nur anschauen gehen, wenn Sie die Wahl haben zwischen einer dreitägigen Folter in einem thailändischen Gefängnis oder – eben – diesem Film.

Die Story ist schnell erklärt: Die Ehe von Claire und Phil ist langweilig und Phil will seine Frau darum in ein trendy Restaurant einladen, wo es zu einer Verwechslung kommt, weshalb irgendwelche Gangster hinter ihnen her sind. Super.

Was sich im ersten Moment als langweilige Geschichte anhört, entpuppt sich mehr und mehr als todlangweilige, grottenschlechte Geschichte, die zu allem Überfluss von – offenbar gezielt ausgewählten – untalentierten Schauspielern erzählt wird. Ursprünglich mochte ich den Schauspieler Steve Carell ganz gut. Seit diesem Film nicht mehr. Von Tina Fey, die seine Frau Claire spielt, wollen wir gar nicht anfangen.

Da gibt es gewisse Szenen, in denen sich der Zuschauer gezwungenermassen beleidigt fühlt, beleidigt vom seichten Humor, der seinen Namen nicht verdient hat. Während des ganzen Streifens wird der Zuschauer die Frage nicht los, wer das den bitte schön lustig findet. Ich weiss es nicht. Sollte das stellvertretend für den Geschmack der Amerikaner sein, dann gute Nacht!

Da ist zum Beispiel eine Szene, in der sich Mitten in Manhatten der Audi R8 der Protagonisten mit einem Taxi verkeilt, Front zu Front. Was im Grunde eine coole Idee wäre, wird so lange ausgelutscht und zu Tode gekostet, dass wir ohne Zweifel sagen können: Das Product Placing von Audi ist ganz schön in die Hose. Aber vollgas.

Die Hollywood-obligate Pathos-Szene fällt ebenfalls noch peinlicher aus als üblich: Das Ehepaar besinnt sich schliesslich, dass ihr langweiliges Leben mit Abstand besser ist als das turbulente Dasein unter Verfolgung von hirntoten Schwerverbrechern. Sie bleiben zusammen und sind glücklich und diese Moral ist so erschreckend einfach gestrickt, dass nicht einmal diese Message auch nur einen Funken von Glaubwürdigkeit aufweist. Schade. Normalerweise kann man bei den Trändendrüsen-Szenen der Traumfabrik wenigstens schallend lachen und sich von den anderen Kinobesuchern böse Blicke einheimsen. Auch dieses Vergnügen bleibt einem hier vergönnt.

Selbst die in Gastrollen agierenden Grössen wie Mark Wahlberg oder Ray Liotta können die Titanic nicht am sinken hindern (wobei das Schiff in diesem Falle bereits in der Werft in alle Einzelteile zerbrochen ist). Das, meine lieben Filmfreunde, das ist nicht einmal einfaches Pop-Corn-Kino. Das ist ein Verbrechen an der Menschheit, eine Beleidigung für jede Leinwand.

Wir geben die Note 1. Und dies auch nur, weil die Skala nicht bis in den Minusbereich geht. Nun ja, warten Sie, um auf den Einstieg zurückzukommen: Wenn ich’s mir richtig überlege, ich würde im Nachhinein die Folter wählen.

Who the f**k is Alice?

17. März 2010

Da wir gerade beim Thema Geschmacksache sind: Alice im Wunderland ist nicht farbenfroher, nicht interessanter, nicht besser als Avatar. Und ein Vergleich ist ohnehin heikel. Das eine ist eine wahre Geschichte und … – Na ja, lassen wir das.

Jedenfalls ist Burton nicht nur ein Snowboard sondern offenbar auch ein hervorragender Regisseur, ein bekannter noch dazu, hat Tim Burton doch bereits diverse Filme mit Johnny Depp (z.B. Chocolate Factory) gedreht. Hier hat Burton eine brillante Umsetzung der ohnehin ausgelutschten Alice-Story hinbekommen: Farbenfroh, skurril und erfrischend witzig.

Die Story ist natürlich schwach, doch darüber kann man getrost hinwegsehen, der Film ist ein Sammelsurium von liebevoll gestalteten Welten und Figuren, von fantastischen Charakteren. Die bösartige Herzkönigin (Helena Bonham Carter) zum Beispiel mit ihrem übergrossen Kopf – einfach herrlich! Nicht zu vergessen natürlich Johnny Depp, der als der Verrückte Hutmacher vollkommen in seinem Element zu sein scheint. – Allerdings ist er meines Erachtens zu sehr geschminkt, sodass seine irre Mimik – ganz anders als in Pirates of the Carribbean – nicht so schön zur Geltung kommt. Egal.

Der Film ist hierzulande ab 6 Jahren freigegeben, was je nach Kanton natürlich – Helvetia lässt grüssen – unterschiedlich ist. Allerdings: Alice im Wunderland ist keineswegs ein Kinderfilm. Lassen Sie Ihr Kind zu Hause (dort kann es inzwischen ihn Ruhe Chainsaw Massacre aus Ihrer DVD-Sammlung angucken).

Offenbar könnte man tausend Dinge über die einzelnen Figuren schreiben und in sie hineininterpretieren, mit diesem ganzen psychologischen Hintergrund. Das kann und will ich nicht. Der Film ist ganz einfach empfehlenswert und ein absolutes Must für alle, die in der Kaffeepause mitreden wollen, die sich selbst bei einer Tüte Pop Corn etwas Gutes tun wollen. Einfach schön. Ich gebe Note 4.

Warum bitte schön nur Note 4? Alice wird von der allseits gepriesenen Mia Wasikowska gespielt, die – sofern es ihn geben würde – zweifelsohne den Award der besten Fehlbesetzung abräumen würde. Blass, charakterlos, langweilig. Die Figur Alice wäre besser von einer Schauspielerin aus der Liga von Audrey Tautou gespielt worden, rein von der Ausstrahlung, von der Verträumtheit her.

Aber eben, das muss dann wohl die besagte Geschmacksache sein.

Sherlock Holmes – gut, aber …

28. Februar 2010

Bin kein Fan von Sherlock Holmes. Offenbar gibt es bereits diverse Verfilmungen, wovon ich bisher genau gar keine gesehen habe (was mich natürlich – wer hätte das gedacht? – nicht im geringsten an dieser Kritik hindert). Nicht so den neuesten Streich von Guy Ritchie, dem Ex-Mann von Madonna. Wobei es für einen mittlerweile etablierten Regisseur sicherlich erquickenderes geben dürfte als ständig im gleichen Atmzug an die Ex-Frau erinnert zu werden.  Offenbar, habe ich mir sagen lassen, ist diese Verfilmung überhaupt nicht Sherlock-typisch und die Kritiker sind sich ja ganz und gar nicht einig. Umso wichtiger die vorliegende, unfehlbare Kritik.

Die Szenerie ist so liebevoll düster gestaltet und erinnert stark an „Das Parfum“, wo die engen, dunklen Gassen ebenso detailliert und glaubwürdig abgebildet sind. Einfach schön. Der Holmes-Darsteller  Robert Downey Jr. (wer zum Himmel ist Robert Downey Jr?) ist wohl der Retter des Streifens und wird vorzüglich ergänzt durch Busenfreund Watson, der von Jude Law ebenfalls sehr gut gespielt wird. Jude Law übrigens für einmal mit Pornobalken und daher erstmal recht gewöhnungsbedürftig. Die Spielweise von Downey Jr. kommt der von Johnny Depp in „Pirates Of The Carribean“ gleich, weil so angenehm schräg, mit viel Witz, ein bisschen hölä-hölä und trotzdem sehr scharfsinnig. Dieser irre Blick, exzellent.

Der Film glänzt mit gutem, subtilem Humor. Was offenbar nicht jedermanns Sache ist, weil mein Kollege und ich nicht selten die einzigen im Kinosaal waren, die lachen mussten (das mag sicherlich mit unserer exorbitanten Intelligenz zu tun haben. Anders kann es nicht sein).

Die Story ist ganz in Ordnung, also, gemessen an den Ansprüchen, die wir an Hollywood stellen, ist die Story der absolute Highflyer. Und trotz der Filmlänge von über zwei Stunden kommt nie Langeweile auf. Was mir persönlich gut gefällt, ist, dass einer der richtig bösen Bösewichte ein Schneckenfresser ist, inklusive super-komischem Akzent, so schön klischiert. Am Schluss wird natürlich alles aufgelöst und … – nein, nein, das verrate ich natürlich nicht, denn: Sie sollten sich „Sherlock Holmes“ anschauen gehen. Am Schluss wird natürlich auch ganz elegant im US-Style Freiraum für einen zweiten Teil gelassen. Was mich persönlich als Holmes-Fan etwas ärgerlich stimmen würde. Was solls, Sie sollten sich selber überzeugen gehen. Es lohnt sich.

Ich vergebe Note 4.5 ohne Wenn und Aber. Aber wie gesagt: Wenn Sie kein Fan von Sherlock Holmes sind …

Haben Sie schon von den Morgans gehört? – Ja, leider.

17. Januar 2010

Guter Film: Ein getrennt lebendes New Yorker Ehepaar (Jessica Parker und Hugh Grant) wird Zeuge eines Mordes und muss daher an einem Zeugenschutzprogramm irgendwo im amerikanischen Juhee draussen teilnehmen. Der Plot ist vielversprechend und es spielen sich ein paar urkomische Szenen ab, die vor allem von Hugh Grant genial gemacht sind. Von seinem Humor lebt dieser Streifen. Neben ein paar (berechtigten) Witzen über Vegetarier zielen die meisten Sprüche – je nach Urheber – entweder gegen die dekadenten New Yorker mit ihrem exzessiven Lifestyle oder eben gegen die Landleute von … den Namen des Ortes ist mir entfallen. Diese scheinen erst vor ein paar Wochen dem Leben in einer Höhle und dem Jagen mit einer Keule abgeschworen zu haben und sind der Inbegriff der Rückständigkeit. Die Klischees des Landlebens werden überstrapaziert. Der Graben zwischen New Yorker Stadtmenschen und Landeiern im Nirgendwo mag tief sein, doch nach dem x-ten Gag in diese Richtung bildet sich selbst beim geduldigsten Zuschauer ein feiner Feuchtigkeitsfilm zwischen Kinosessel und Hintern. Aber es ist lustig, trotz Jessica Parker, die mit Ihrem „Bin-zwar-blöd-aber-ficke-gut“-Blick auch hier den verzweifelte Versuch unternimmt, eine gute Schauspielerin zu sein. Wie es sich für eine Hollywood-Produktion gehört sind auch ein paar romantische Szenen eingebaut (obwohl sich bei Amerikanischer Romantik manche Europäer spontan-lautes Lachen im Kinosaal verkneifen müssen). Und am Schluss, welch Überraschung, sind die beiden … – Oh, nein, das verrate ich natürlich nicht. Fazit: Ein guter Film zum Zurücklehnen und in Ruhe die alten SMS zu löschen. – Nein, ehrlich: Ich vergebe 3 Punkte. Ohne die Skala zu verraten. Gehen Sie nur in diesen Film, wenn zu Hause die Heizung ausgefallen ist.

Avatar – Genau wie Titanic. Nur anders.

2. Januar 2010

Tipp an die Männerwelt: Wenn Sie Ihre Partnerin überzeugen möchten, diesen Film mit Ihnen anschauen zu gehen, dann lautet der absolute Gewinner-Schlüsselsatz „Honey, dieser Regiesseur hat schon Titanic gemacht“. Das klappt. Nein, Sie brauchen Ihre Liebste nicht Honey nennen, ausser Sie sind total bescheuert. Was ja unmöglich sein kann, da Sie ja diesen Blog lesen. Schleimerei. Wer seinen Augen einen Gefallen tun will, der könnte mit dem Blockbuster Avatar gut bedient sein. Tatsächlich glänzt der Film mit fantastischen Bildern und extrem guten Effekten. Die Story (gab es eine Story?) ist so schnell erklärt wie diejenige von Titanic: Ein Schiff sinkt. Nein, ehrlich, ein ausgemusterter US-Marine wird auf einem fernen Planeten in eine der einheimischen Kreaturen transferiert, um das Volk zu infiltrieren und mit den gewonnen Informationen eine Invasion zu ermöglichen. Die Dialoge sind Hollywood-typisch bemüht seicht gehalten, sodass sich der Zuschauer auf den visuellen Teil und auf die Pop Corn konzentrieren kann. Offenbar gibt es in Los Angeles irgendein Gesetz, das sinnvolle Dialoge in Filmen unter Strafe stellt, weshalb Blockbuster vor der Veröffentlichung einem Testpublikum vorgeführt werden, bestehend aus ein paar Petflaschen. Leeren. Egal. Die rund 3 Stunden Spieldauer – schon die Titanic hatte so lange gebraucht um unter zu gehen, oder? – sind natürlich unüblich und bedürfen organisatorischer Vorkehrungen jedes einzelnen Besuchers: Getränke, Pinkelpausen und Nickerchen gut einteilen! Ansonsten: Zurücklehnen und geniessen. Prädikat Empfehlenswert! Also, Stichwort Titanic. Klappt hundertprozentig. Sie brauchen ja nicht erwähnen, dass James Cameron (oder wie der auch heisst) auch ein paar Terminator gemacht hat, die ja übrigens auch sehr überzeugend sind. Titanic, Leonardo Di Caprio, Jöö-Effekt. Bei mir hat’s nicht geklappt.