«Entscheidend ist die Wahl des Films», dachte sich Claus-Theodor. Schliesslich sollte sich Susanne wohl fühlen, sollte ihm – der er doch von ihr mit der Wahl des Films betraut worden war – Tiefsinn, Humor, Männlichkeit und … – na ja, halt alles attestieren, was einen echten Kerl so ausmacht. Es sollte der Grundstein einer vielleicht langen Liebesgeschichte legen. Doch welche Vorstellung sollte es sein, um Susannes Herz zu erobern?
Auf dem Programm stand zum Beispiel eine Neuverfilmung von «King Kong», was Claus-Theodor irgendwie mochte, weil es ein Actionfilm war und der Zuschauer nicht allzu viel überlegen musste. Mit etwas Glück gab es Szenen, in denen sich – vornehmlich Frauen natürlich – erschrecken, und Susanne (hoffentlich) seine Hand drücken würde. Im Kino erwachen schliesslich alte Schemen. Die Emanzipation ist noch nicht ins Kino vorgedrungen, dachte sich Claus-Theodor. Zum Glück.
Doch was sollte Susanne denken? Sollte sie etwa annehmen, Claus-Theodor möge seichte Geschichten mit viel Action und vielen Toten? (was ja im Grund der Wahrheit entsprach) Sollte sie etwa denken, Claus-Theodor sei unsensibel? Zudem wusste er nicht, ob Susanne etwa Sympathisantin von «Vier Pfoten» war, oder gar dem «WWF». Also: Finger weg! Da wäre eine Komödie schon passender. Lachen ist immer gut. Wobei: «Komödien sind auch seicht», dachte sich Claus-Theodor, dessen grösste Furcht war, dass Susanne denken könnte, er sei ein Prolet. Also, nein!
Schlussendlich entschied sich Claus-Theodor für eine Romanverfilmung, in der sich zwei alte Frauen auf dem Jakobsweg zufällig begegnen und nach langen Gesprächen eine platonische Liebe zueinander entwickeln. Sie beide waren die einzigen Besucher im Saal. Susanne war absolut begeistert, drückte jedoch nicht ein einziges Mal die Hand von Claus-Theodor, und lachte nie. Und als sie Claus-Theodor nach dem Film fragte, wie es ihm gefallen habe, da musste er etwas flunkern: Die meiste Zeit hatte er geschlafen.